Geschäftsmodellinnovation – Eine strategische Option für Krankenhäuser?

Was haben eBay und Nespresso gemeinsam? Beide sind besonders erfolgreich, vor allem deshalb, weil sie die Regeln ihres jeweiligen Marktes komplett verändert haben. EBay hat das Prinzip der Auktion in die digitale Welt des Internets und im Wesentlichen auf Alltagsgegenstände übertragen, wodurch Auktionen einem breiten Publikum zugänglich wurden. Nestlé hat mit den Nespresso-Kapseln ein System geschaffen, dass aus einer vergleichsweise günstigen Kaffeemaschine und nur dazu passenden Kaffeepads besteht. Da pro Kapsel lediglich etwa fünf Gramm Kaffee zu Cent-Beträgen verkauft werden, merkt der Kunde zunächst nicht, dass er pro Kilo Kaffee zwischen 60 bis 80 Euro zahlen muss – zum Vergleich: Im Supermarkt würde man zwischen 8-15 Euro pro Kilo bezahlen. Die Kunden sind wohl deshalb auch langfristig bereit, diesen Preisunterschied zu akzeptieren, weil durch das vielfältige Angebot von Kaffeesorten und -mischungen täglich ein einzigartiger Genussmoment möglich wird.

 

Für Innovationen, die nicht nur reine Produktneuerungen darstellen, sondern die Art verändern, wie ein Unternehmen sein Geld verdient, hat sich der Begriff „Geschäftsmodellinnovation“ durchgesetzt. Was ein Geschäftsmodell ausmacht bzw. wie ein solches beschrieben wird, ist bislang allerdings strittig. Nach Gassmann/ Frankenberger/ Csik [1] hat ein Geschäftsmodell vier Dimensionen:

  • Kunde – Wer sind unsere Zielkunden?
  • Nutzenversprechen – Was bieten wir den Kunden an?
  • Wertschöpfungskette – Wie stellen wir die Leistung her?
  • Ertragsmechanik – Wie wird Wert erzielt?

Die Kurz-Formel für ein Geschäftsmodell lautet demnach: Wer-Was-Wie-Wert?

Da in den letzten Jahren Geschäftsmodellinnovationen besonders erfolgreich waren – z. B. Amazon (größter Buchhändler ohne eine einzige Buchhandlung) oder BackWerk (Selbstbedienungsbäckerei) – stellt sich die Frage, ob auch Krankenhäuser ihr Geschäftsmodell innovieren sollten bzw. können.

Um sich der Antwort auf die Frage zu nähern, ist es hilfreich, zunächst das aktuelle Geschäftsmodell von Krankenhäusern – möglichst einfach – zu beschreiben:

  • Wer? – Die Hauptkunden von Krankenhäusern sind Patienten, also kranke Menschen.
  • Was? – Den Patienten bieten Krankenhäuser Leistungen zur Heilung oder Linderung ihrer Krankheit an.
  • Wie? – Die Gesundheitsdienstleistungen werden stationär oder ambulant im Krankenhaus erbracht.
  • Wert? – Die Gesundheitsdienstleistungen werden in der Regel von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung des Patienten bezahlt.

Aufgrund der starken Reglementierung des Gesundheitswesens sind Geschäftsmodellinnovationen im klassischen Bereich des Versorgungsauftrags zwar denkbar, bedürfen zuvor aber einer gesetzlichen Regelung. Die zunehmende Öffnung des ambulanten Sektors für Krankenhäuser (z. B. durch ambulante Operationen) in den letzten Jahren kann durchaus als eine politisch ermöglichte Geschäftsmodellinnovation für Kliniken interpretiert werden.

Außerhalb des reglementierten Teils des Gesundheitsmarktes lassen sich aber bestimmt Ansatzpunkte für Geschäftsmodellinnovationen finden. Vielleicht wäre ja folgende Idee eine Möglichkeit, die wirtschaftliche Ertragskraft von Krankenhäusern zu stärken:

  • Wer? – Gesunde Menschen mit einem hohen Gesundheitsbewusstsein bzw. ausgeprägter Angst vor Erkrankung
  • Was? – Gesundheitsberatung/ -überwachung auf Basis medizinischer Daten, die der Kunde via App erfasst und an das Krankenhaus übermittelt (z. B. Vitalparameter, EKG, Ernährungsinformationen, Bewegungsintensität)
  • Wie? – Die Daten werden von der bzw. den Apps digital übertragen und im Krankenhaus ausgewertet. Einmal monatlich findet eine Skype-Visite durch den Arzt statt, in dem er die Auswertungsergebnisse erläutert und Tipps für eine gesündere Lebensweise gibt.
  • Wert? – Bei der „Gesundheitsberatung/ -überwachung“ handelt es sich um eine Selbstzahlerleistung, die zum Beispiel in Form eines Abonnements mit monatlicher Leistungserbringung (Datenauswertung, Skype-Visite) abgerechnet werden könnte. Die hierfür im Krankenhaus erforderlichen Personalressourcen müssten über die Abo-Einnahmen refinanziert werden.

Ohne jetzt die tatsächlichen Chancen dieser Geschäftsmodellinnovation bewerten zu wollen, zeigt das Beispiel sehr schön, wie es gelingt durch die Kombination von digitalen Trends (Gesundheits-/ Fitness-Apps, Skype) mit einer für die Branche innovativen Ertragssystematik (Abonnement) neue Kundengruppen (Gesunde) zu erreichen. Insofern kann es strategisch für Krankenhäuser durchaus interessant sein zu überlegen, wie neue Geschäftsmodelle zur Bestandssicherung der Einrichtung – u. a. durch eine größere Unabhängigkeit vom klassischen Finanzierungssystem – beitragen können.

Wenn Sie sich näher mit dem Thema beschäftigen möchten, dann ist der St. Galler Business Model Navigator [1] zu empfehlen. Mit diesem wurden 55 Geschäftsprinzipien identifiziert, auf denen bzw. deren Kombinationen der Großteil der heute erfolgreichen Geschäftsmodelle basiert. Drei der 55 Prinzipien wurden übrigens in diesem Blog beschrieben: Auction (eBay), Razor and Blade (Nespresso), Subscription (Gesundheitsberatung/ -überwachung). Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Freude bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.

Wenn Sie im Rahmen einer Strategieklausur Ihr Geschäftsmodell innovieren möchten, dann unterstützen wir Sie dabei sehr gerne. Informationen zu unseren Leistungen in der Strategieberatung finden Sie hier»

[1] Gassmann, O./ Frankenberger, K./ Csik, M. (2013): Geschäftsmodelle entwickeln. Carl Hanser Verlag, München

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