Die Reaktion vieler Kliniken ist typisch für das Gesundheitswesen. Man wartet auf die konkreten Vorgaben der Länder, um dann lediglich die Mindestanforderungen zu erfüllen. Die Chance, sich mit Hilfe eines herausragenden Hygienemanagements vom Wettbewerb zu differenzieren, wird vertan.
Stattdessen könnte ein Krankenhaus bewusst versuchen, die „Hygieneführerschaft“ in seinem Wettbewerbsumfeld zu erreichen. Dies bedeutet, dass die Einrichtung von der Bevölkerung als „sauberste“ Klinik mit den niedrigsten Infektionsraten in der Region wahrgenommen wird. Um eine solche Position zu erreichen, sind sowohl Investitionen als auch Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit erforderlich. Investieren muss der Hygieneführer in Screeningverfahren, Fortbildungen, zusätzliches Hygienepersonal, Datenerfassungssysteme usw. Flankierend sollte die Bevölkerung über die hausinternen Hygienemaßnahmen und deren Ergebnisse – z. B. in Form unterdurchschnittlicher Infektionsraten – informiert werden. Der Hygieneführer würde in diesem Zusammenhang sicherlich – und damit nach Wissen des Autors als erste Klinik in Deutschland – einen leicht verständlichen Hygienebericht veröffentlichen. Damit geht diese Klinik weit über die gesetzlichen Anforderungen hinaus, die für die Zukunft lediglich eine Veröffentlichung von hygienerelevanten Daten in den gesetzlichen Qualitätsberichten nach § 137 SGB V vorsehen.
Der finanzielle Aufwand eines Hygieneführers ist sicherlich hoch. Ein Teil dieser Kosten wird aber bereits durch sinkende Ausgaben für die Behandlung von infektionsinduzierten Erkrankungen/ Komplikationen kompensiert. Der weitaus größte Effekt wird sich aber auf der Erlösseite einstellen, wenn mit wachsendem Hygienebewusstsein in der Bevölkerung, die Krankenhauswahlentscheidung immer häufiger zu Gunsten des saubersten Krankenhauses in der Region fällt. Aus Sicht des Autors ein genügend großer Anreiz, um das Thema Hygiene auf die Agenda der nächsten Strategieklausur zu nehmen.