Stattdessen gehen von der Klinikleitung bestimmte Mitarbeiter, ohne Erfahrung und ohne entsprechende Vorbereitung zu niedergelassenen Ärzten, von denen sie in der Regel nicht mehr wissen, als wo deren Praxis liegt und vielleicht noch, wie sich die Einweisungszahlen des Arztes in der letzten Zeit entwickelt haben. Die Klinik erwartet vom Niedergelassenen, dass dieser im Gespräch „liefert“ – nämlich Informationen, was das Krankenhaus besser machen könnte. Man geht also in die Gespräche mit einer Anspruchshaltung, ohne, dass man sich darüber Gedanken gemacht hat, was man selbst dem Zuweiser als Gegenleistung für seine Informationen anbieten könnte. Oft werden solche Gespräche von niedergelassenen Ärzten als unangenehmes Ausfragen durch die Chefärzte bzw. Klinikmitarbeiter empfunden.
1 Einweiserbesuche – typische Fehler
Anlässe für die Implementierung von Einweiserbesuchen sind nicht selten stagnierende oder sinkende Fallzahlen, also Situationen, in denen die Beziehung zwischen den Fachabteilungen einer Klinik und den niedergelassenen Ärzten der Region ohnehin in einer mehr oder weniger deutlichen Krise steckt. In dieser sensiblen Phase darf sich ein Krankenhaus keinen weiteren Fehler in der Zusammenarbeit mit den Niedergelassenen erlauben. Typische Fehler, die eine Klinik bei der Implementierung von Einweiserbesuchen unbedingt vermeiden sollte, sind:
- Keine oder unzureichende Vorbereitung der Einweiserbesuche
- Auswahl ungeeigneter Führungskräfte oder Mitarbeiter für die Einweiserbesuche
- Einweiserbesuche in einer ungeeigneten Reihenfolge
- Anspruchshaltung gegenüber dem niedergelassenen Arzt – der Zeit opfert und wertvolle Informationen gibt – ohne entsprechende Gegenleistungen zu bieten
- Eindimensionales Verständnis des Einweisers als ärztlichen Kollegen
2 Elemente einer professionellen Vorbereitung von Einweiserbesuchen
Ein erfolgreicher Einweiserbesuch bedarf vor allem einer intensiven Vorbereitung. Dabei sind folgende Fragen zu beantworten:
- Welche Einweiser sollen besucht werden? Anhand der Einweiserstatistik und in Abhängigkeit der Ausgangssituation muss bewusst entschieden werden, welche Einweiser besucht werden. Beispielsweise ist es zu empfehlen alle A- und B-Einweiser einer Fachabteilung zu besuchen, während bei den C-Einweisern vielleicht nur die mit einer auffällig positiven oder negativen Entwicklung besucht werden sollten. Bei der großen Zahl von Nichteinweisern macht es in der Regel nur Sinn, diejenigen auszuwählen, bei denen man genügend Patientenpotenzial vermutet und die Klinik auch weiß, dass auf Seiten des Niedergelassenen eine gewisse Bereitschaft besteht, das bisher favorisierte (Wettbewerbs-)Krankenhaus zu wechseln.
- In welcher Reihenfolge sollen die Einweiser besucht werden? Auch dies sollte in Abhängigkeit der konkreten Ausgangssituation bewusst entschieden werden. Beispielsweise kann es für unerfahrene Mitarbeiter – also die erstmals Einweiserbesuche durchführen – sinnvoll sein, zunächst die Gespräche bei wohlgesonnenen Einweisern zu üben, bevor die besonders kritischen oder wichtigen Einweiser besucht werden.
- Wer führt die Einweiserbesuche durch? Grundsätzlich hat ein Krankenhaus hier drei Optionen: 1. die Chefärzte, 2. die Chefärzte gemeinsam mit den Mitarbeitern im Einweisermanagement und 3. nur die Mitarbeiter des Einweisermanagements. Jede Option hat ihre Vor- und Nachteile, die grundsätzlich und im Einzelfall bewusst abgewogen werden müssen.
- Was wissen wir über den Einweiser? Im Rahmen der Vorbereitung müssen alle relevanten Informationen, die in der eigenen Klinik – an verschiedenen Stellen – über den Einweiser verfügbar sind, zusammen getragen werden. Einerseits soll so vermieden werden, dass der Mitarbeiter durch den Einweiser mit Beschwerden konfrontiert wird, auf die er wegen mangelnder Information nicht adäquat reagieren kann. Andererseits können so Ansatzpunkte für konkrete und vor allem attraktive Angebote für den Einweiser gefunden werden. Instrumente hierzu können z.B. Gespräche mit den Chef- und Oberärzten oder Recherchen im Internet zur Praxis sein.
- Worüber sprechen wir mit dem Einweiser und worüber nicht? Es ist zu empfehlen, für die Einweisergespräche einen Leitfaden zu erarbeiten, der dem durchführenden Mitarbeiter klare Anweisungen gibt, in welcher Reihenfolge welche Themen zu besprechen sind. Hierdurch gewinnen insbesondere unerfahrene Mitarbeiter bei den ersten Besuchen Sicherheit und es werden garantiert auch alle relevanten Informationen ausgetauscht. Im Wesentlichen müssen im Rahmen der Erstellung des Gesprächsleitfadens Antworten auf die folgenden beiden Fragen gefunden werden: „Warum soll der Einweiser seinen Patienten unser Krankenhaus empfehlen?“ und „Was tun wir dafür, dass sich die Praxis des Einweisers positiv entwickelt?“. Insbesondere die Antwort auf die letzte Frage ist entscheidend: Mit welchem konkreten Kooperationsangebot geht die Klinik auf den Einweiser zu bzw. welche Verbesserung in der Zusammenarbeit bringt die Klinik bereits zum ersten Einweiserbesuch mit? Um Missverständnisse zu vermeiden – gemeint sind keine „Kopfpauschalen“ – sondern Service- und Kooperationsangebote, von denen der Einweiser in nicht-monetärer Form profitiert.
- Welche Informationen gewinnen wir zusätzlich? Um die Chance des Einweiserbesuchs komplett zu nutzen, muss im Gesprächsleitfaden auch definiert werden, wie weitere Informationen – z.B. durch Beobachtungen oder Gespräche mit dem Praxispersonal – gewonnen werden können.
Die Instrumente einer gelungenen Einweiserbesuchsvorbereitung sind zusammengefasst der Einweisergesprächsleitfaden, die Einweiserdatenbank, eine ausgereifte Tourenplanung und eine intensive Auseinandersetzung der durchführenden Mitarbeiter mit dem zu besuchenden Einweiser. Hinzu kommen erste konkrete Verbesserungen, die dem Einweiser während des Besuchs angeboten werden und diesem einen direkt wahrnehmbaren Nutzen stiften.
Die gemäß Einweisergeprächsleitfaden durchgeführten Einweiserbesuche müssen im Anschluss kritisch reflektiert werden. Insbesondere auf Basis der ersten Besuche sollte der Gesprächsleitfaden nochmals optimiert werden. Die Ergebnisse der Einweiserbesuche sind direkt in einer Einweiserdatenbank zu dokumentieren, die im Bedarfsfall verfügbar ist und alle zum Einweiser vorhandenen Informationen an einer Stelle transparent macht.
Im Ergebnis liefern die Einweiserbesuche vielfältige Ansätze zur Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Klinik und niedergelassenen Ärzten. Diese müssen zügig aufgegriffen und in konkreten Maßnahmen umgesetzt werden. Anschließend sind die Einweiser über die erzielten Verbesserungen zu informieren und schließlich die Einweiserbesuche zyklisch zu wiederholen, um im Dialog mit den Niedergelassenen zu bleiben. Damit münden die Einweiserbesuche zwangsläufig in den Aufbau professioneller Einweisermanagementstrukturen.
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