Universitätsspital Zürich: PatientInnen, technologische Innovationen und Umwelt im Fokus
Das Universitätsspital Zürich (USZ) hat es in die TOP 10 des Newsweek-Rankings 2024 geschafft und belegt dort den 10. Platz. Damit ist es nicht nur das beste Krankenhaus der Schweiz, sondern auch die viertbeste Klinik Europas. Das USZ nutzt innovative Technologien und Kooperationen, um seinen PatientInnen die bestmögliche Versorgung zu bieten. Gleichzeitig legt es großen Wert auf den Klimaschutz. Dieser Artikel beleuchtet, wie die Klinik dieses fortschrittliche Denken in die Praxis umsetzt und welche Lehren deutsche Kliniken vom besten Krankenhaus ihres Nachbarlandes ziehen können.
Medizinische Innovationen durch Synergien: Das Projekt „Zurich Heart“
Das Universitätsspital Zürich ist ein Wegweiser der medizinischen Exzellenz. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Universität Zürich und der ETH Zürich entstehen regelmäßig bahnbrechende Forschungsergebnisse, die direkt in die Patientenversorgung einfließen. Diese Synergie ermöglicht es, stets auf dem neuesten Stand der Wissenschaft zu sein und innovative Behandlungsmethoden zu entwickeln, die weltweit Anerkennung finden.2
Ein gelungenes Beispiel ist die Hochschulinitiative Zürich, welche die Universität Zürich, die ETH Zürich und das USZ vereint, um den Forschungsstandort Zürich zu stärken. Sie fördert interdisziplinäre Projekte, die von der Grundlagenforschung bis zur klinischen Anwendung reichen.3
Solch ein interdisziplinäres Projekt ist das „Zurich Heart“, in dem technologische Innovationen aus dem Ingenieurbereich und medizinische Fachkenntnisse kombiniert werden, um fortschrittliche Kunstherzen zu entwickeln.3 Hierbei arbeiten rund 20 internationale Forschungsgruppen zusammen. Diese sind sowohl in der Schweiz beheimatet (ETH Zürich, Universität Zürich, universitäre Spitäler Zürich, Empa – Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt) als auch in Berlin (Deutsches Herzzentrum). Die Zielsetzung des Projektes ist die Optimierung von Kunstherzen, da der Einsatz von Kunstherzen momentan die einzige Behandlungsmöglichkeit der Herzinsuffizienz im Endstadium darstellt.4
Das erste gemeinsame Institut der Universität und der ETH Zürich im medizinischen Bereich, das Institut für biomedizinische Technik, wurde bereits im Jahr 1971 gegründet. Es ist im Bereich der bildgebenden Verfahren weltweit führend.3
Empfehlungen für deutsche Krankenhäuser: Die Förderung von Synergien zwischen verschiedenen Forschungseinrichtungen und Kliniken kann die Effizienz und Innovationskraft erhöhen. Deutsche Kliniken können beispielsweise Netzwerke etablieren, um den Austausch und die Zusammenarbeit zu erleichtern.
Grüne Zukunft: Das USZ setzt auf nachhaltige Lösungen
Nachhaltige Praktiken und kontinuierliche bauliche Erneuerungen finden am USZ fortlaufend statt. Dies umfasst umweltfreundliche Bauprojekte und den Einsatz von erneuerbaren Energien. Durch diese Maßnahmen wird nicht nur die Umwelt geschont, sondern auch ein modernes und angenehmes Umfeld für PatientInnen und Mitarbeitende geschaffen. Ein praktisches Beispiel aus der Anästhesie des USZ zeigt, wie bereits beim klinischen Arbeiten auf umweltschonende Maßnahmen geachtet werden kann. Am USZ werden jährlich ca. 30.000 Anästhesien durchgeführt. Inhalative Narkosegase wie Desfluran, Isofluran und Sevofluran sind starke Treibhausgase, die besonders schädlich für unsere Umwelt sind: Desfluran ist beispielsweise 2540-fach klimaaktiver als CO2, Sevofluran dagegen „nur noch“ 130-fach. Das entspricht bei Desfluran während einer siebenstündigen Narkose in etwa einer 15.000 Kilometer langen benzinbetriebenen PKW-Fahrt. Das USZ verzichtete daher bereits vor 2022 komplett auf Des- und Isofluran in seinen Operationssälen und verwendet nur noch Sevofluran. In den meisten Fällen sind mittlerweile keine inhalativen Narkosegase mehr nötig und können durch klimaneutralere Alternativen wie Propofol, welches intravenös appliziert wird, ersetzt werden. Am USZ ist diese intravenöse Anästhesie der Standard. Zudem werden Tests zu Recyclingmöglichkeiten der Gase durch kohlenstoffbasierte Filter geplant.5
Darüber hinaus versucht das USZ ökologischere Mehrweg-Medizinprodukte statt Einwegprodukte zu verwenden, wenn dies sinnvoll und möglich erscheint. Mehrwegprodukte verbrauchen über ihren Lebenszyklus weniger Ressourcen und Energie, machen das USZ weniger betroffen von weltweiten Lieferengpässen und erleichtern die Handhabung häufig durch ihre hochwertigere Qualität.5
Durch kleine Gesten überträgt das USZ sein Nachhaltigkeitsverständnis auch auf seine PatientInnen. So schenkt die Klinik für Geburtshilfe nach jeder Geburt den Eltern eine Wickelunterlage, welche in den Werkstätten eines sozialen Förderprogramms produziert wurde. Dieses Programm unterstützt erwerbslose Frauen, die bei der Sozialhilfe angemeldet sind, sich auf dem Arbeitsmarkt und sozial zu reintegrieren. Auch die dafür benötigten Materialien werden lokal in der Schweiz hergestellt.5
Bei seinem geplanten Neubau „MITTE12“ achtet das USZ zudem auf eine möglichst nachhaltige und ökologische Umsetzung. So werden primär recyclebare Materialien wie Holz und Stahl verwendet, die zusätzlich frei von Schadstoffen sind. Auch die Energieeffizienz der neuen Gebäude soll durch Photovoltaikelemente und begrünte Fassaden aufgewertet werden. Die Pflanzen auf dem Klinikgelände sollen gleichzeitig das Stadtklima abkühlen.6
Empfehlungen für deutsche Krankenhäuser: Deutsche Kliniken können nachhaltiger werden, indem sie umweltfreundliche Bauprojekte mit recyclebaren Materialien und erneuerbaren Energien umsetzen. Zudem kann der Krankenhausalltag klimaneutraler gestaltet werden, indem Mehrwegprodukte und mehr intravenöse Narkosen verwendet werden. Deutsche Kliniken sollten sich umweltbewusst gegenüber der Stadt, der Umwelt und ihren PatientInnen verhalten, um den Klimaschutz auch über die Grenzen des Krankenhauses hinaus zu fördern.
Grenzenlose Medizin: Internationale Kooperationen und Dienstleistungen am USZ
Wie viele der besten Krankenhäuser weltweit ist auch das USZ stark international ausgerichtet. Sowohl in der Forschung als auch in der Betreuung von PatientInnen wird diese Ausrichtung deutlich. Das USZ betreut PatientInnen aus aller Weltund betreibt allein dafür ein International Office, welches zusätzliche Dienstleistungen zu den Behandlungen anbietet. Hier werden die PatientInnen bei ihrer Reisevorbereitung, medizinischen Transporten, Übersetzungen und ihrer Unterkunftssuche in Zürich unterstützt. Die PatientInnen erhalten einen persönlichen Patient Relations Manager, der sie zu ihren Terminen vor Ort begleitet. Auch eine Vorab-Kostenschätzung und die Übermittlung von medizinischen Berichten an ÄrztInnen im Heimatland werden vom International Office übernommen. Darüber hinaus bietet das International Office Konsultationen per Videokonferenz mit FachärztInnen an. Die ausländischen PatientInnen und ihre Angehörigen erfahren auf diese Weise nahezu eine Rundum-Versorgung.7
Auch in der Forschung kooperiert das USZ mit Instituten auf internationaler Ebene. So arbeitet beispielsweise das Department of Neuroradiologydes USZ mit Universitäten in der Schweiz, Österreich, Deutschland, den USA und Kanada zusammen. Hierbei wird zusammen an Themen wie Schlaganfall- und Tumorbildgebung sowie Migräne, Altern und Neuroimmunologie geforscht. Es wird auch untersucht, wie Künstliche Intelligenz die onkologische Bildgebung unterstützen kann, um diagnostische Routinen und MRT-Verfahren zur Behandlung von Hirntumoren zu optimieren. Die aktuellen Forschungsprojekte finden sich auch gesammelt in englischer Sprache für alle Interessierten zugänglich auf der Webseite.8
Empfehlungen für deutsche Krankenhäuser: Deutsche Kliniken können für PatientInnen aus dem Ausland attraktiver werden, wenn sie ein International Office einrichten und Dienstleistungen anbieten, die die Abläufe der Behandlung und Bürokratie in Deutschland leichter gestalten. Internationale Kooperationen in der Forschung sind heutzutage unerlässlich, um das medizinische Wissen nachhaltig zu vermehren. Dazu bietet sich auch eine Internetpräsenz auf Englisch an, um die internationale Reichweite der Klinik und ihrer Forschungsprojekte zu vergrößern.
Von HECTOR bis zur Robotik: Neue Wege in der Krebsdiagnostik und -behandlung am USZ
Das Züricher Universitätsspital geht mit der Zeit: Hier werden nicht nur neueste Technologien aufgegriffen und erforscht, sondern auch anschließend im klinischen Alltag erprobt. So wurde zum Beispiel ein neues Deep-Learning-Prognosemodell namens HECTOR entwickelt und getestet, welches Fernrezidive – Krebsableger an anderen Körperstellen – bei Gebärmutterhalskrebs vorhersagen soll. Bisherige Methoden, welche pathologische und molekulare Eigenschaften kombinieren, sind kostspielig und schwer in der Umsetzung. HECTOR berechnet dagegen auf Basis von histopathologischen Bildern und dem Tumorstadium das Risiko für Fernrezidive. Die Ergebnisse dieser Studie wurden in der Nature Medicine publiziert: Bei 2072 Patientinnen mit der Diagnose Gebärmutterhalskrebs konnte HECTOR mit 80-prozentiger Genauigkeit vorhersagen, ob die Betroffenen Fernrezidive entwickeln würden oder nicht. Dieses Ergebnis ist weit besser als die bisherigen Standardmethoden. Zudem kann HECTOR auf dieser Basis Patientinnen in Risikogruppen einteilen und prognostizieren, ob eine unterstützende Chemotherapie einen Nutzen hätte oder nicht. Diese Vorteile gegenüber etablierten Methoden stellen einen großen Fortschritt in der personalisierten Behandlung des Gebärmutterhalskrebses dar.9
Auch bei der robotergestützten Behandlung von Krebserkrankungen kennt das USZ keine Grenzen. Als erste Kliniken Kontinentaleuropas bieten die Pneumologie und Thoraxchirurgie am USZ eine robotergestützte bronchoskopische Lungendiagnostik an. Diese setzt sich aus dem sogenannten Ion-System und einem mobilen Cone-Beam-CT (Cios Spin) zusammen. Diese neue Art der Diagnostik ermöglicht einen automatisierten 3D-Bildtransfer in Echtzeit und eine anschließende intraprozedurale Neuausrichtung der Biopsieinstrumente. Oft weichen insbesondere kleine Lungenläsionen beim Lungenkrebs von der ursprünglichen Planung ab, weswegen eine Echtzeit-Visualisierung des Befundes von erheblichem Nutzen sein kann. Diese viel präzisere intraoperative Diagnostik kann also die Chancen eines positiven Krankheitsverlaufs erhöhen, da so auch kleinste Lungenherde in Echtzeit gefunden und entfernt werden können. Das stellt ein gelungenes Beispiel für dieWeiterentwicklung multimodaler Behandlungsstrategien von Krebserkrankungen am USZ dar. Die Weichen hierfür wurden bereits vor 20 Jahren gestellt, als das USZ als erste schweizerische Klinik die roboterassistierte thorakoskopische Operationstechnik einführte. Mittlerweile hat ein neu etabliertes „Lung Nodule Boards“ – bestehend aus einem interdisziplinären Team von RadiologInnen, PneumologInnen und ThoraxchirurgInnen – sich zum Ziel gesetzt, Lungenkrebs mithilfe neuester Technologien bereits im frühesten Stadium zu diagnostizieren und operativ zu behandeln.10
Empfehlungen für deutsche Krankenhäuser: Deutsche Kliniken sollten kontinuierlich in die Erforschung und Implementierung innovativer Technologien investieren, z. B. in Deep-Learning-Modelle zur Prognose von Krankheitsverläufen. Der Einsatz von robotergestützten Systemen kann zudem die Präzision und Effizienz bei der Diagnose und Behandlung von Krebserkrankungen erheblich verbessern. Außerdem können fortschrittliche Modelle zur Risikoeinschätzung und Therapieplanung die personalisierte Medizin fördern, indem Behandlungen besser auf die individuellen Bedürfnisse der PatientInnen abgestimmt werden.
Das Universitätsspital Zürich ist ein führendes Zentrum für medizinische Exzellenz und Innovation in Europa und weltweit. Nicht nur durch die enge Zusammenarbeit mit der Universität Zürich und der ETH Zürich, sondern auch mit internationalen Instituten hebt es sich von anderen Kliniken ab: Das USZ hat früh erkannt, dass Kooperation ein Multiplikator des gemeinsamen Wissens ist. Modernste Technologien werden hier nicht nur interdisziplinär erforscht, sondern auch praktisch erprobt, wodurch international neue Maßstäbe in medizinischer Forschung und Behandlung gesetzt werden. Das USZ orientiert sich außerdem an den Erfordernissen der heutigen Zeit, indem es auf nachhaltige Praktiken und kontinuierliche bauliche Erneuerungen setzt. Hierdurch soll ein modernes und umweltfreundliches Umfeld geschaffen werden. Von diesem Mindset profitieren letztendlich PatientInnen, Mitarbeitende und auch die Umwelt.
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Quellen
Newsweek (o. D.) World’s best hospitals 2024. Abgerufen am 10.09.2024, von: www.newsweek.com/rankings/worlds-best-hospitals-2024
USZ (o. D.). Über das USZ. Abgerufen am 08.08.2024, von: https://www.usz.ch/ueber-das-usz/
USZ (aktualisiert 2021, 05. Januar). „Wir können noch viel zusammen machen“. Abgerufen am 08.08.2024, von: www.usz.ch/wir-koennen-noch-viel-zusammen-machen/
Hochschulmedizin Zürich (o. D.). Zurich Heart: Das Herz der Zukunft. Abgerufen am 12.08.2024, von: https://www.hochschulmedizin.uzh.ch/de/projekte/zurichheart.html
USZ (o. D.). Nachhaltigkeit in der medizinischen Versorgung. Abgerufen am 28.08.2024, von: https://www.usz.ch/ueber-das-usz/nachhaltigkeit/nachhaltigkeit-in-der-medizinischen-versorgung/
Hochschulgebiet Zürich Zentrum (2022, 02. Juni). Neubauten machen USZ nachhaltiger. Abgerufen am 09.09.2024, von: hgzz-zh.ch/neubauten-machen-usz-nachhaltiger/
USZ (o. D.). Research at the Department of Neuroradiology. Abgerufen am 09.09.2024, von: https://www.usz.ch/en/department/neuroradiology/research/
USZ (o. D.). Klinik für Neuroradiologie - Research Projects. Abgerufen am 09.09.2024, von: https://www.usz.ch/fachbereich/neuroradiologie/forschung/forschungsprojekte/
USZ (aktualisiert 2024, 10. Juni). Neues KI-Modell verbessert Vorhersage von Gebärmutterhalsrezidiven. Abgerufen am 10.09.2024, von: https://www.usz.ch/neues-ki-modell-verbessert-vorhersage-von-gebaermutterkrebsrezidiven/
USZ (aktualisiert 2024, 01. Juli). Quantensprung in der roboterassistierten Diagnostik von Lungenrundherden. Abgerufen am 10.09.2024, von: www.usz.ch/quantensprung-in-der-roboterassistierten-diagnostik-von-lungenrundherden/